„Der Teufelskreis im Reisebusgeschäft muss endlich durchbrochen werden: getätigte Buchungen werden storniert, Vorauszahlungen zurückgezahlt oder sind bei Pleiten von Vertragspartner verloren gegangen, so beschreibt der Lingener Busunternehmer Hermann Meyering gemeinsam mit seiner Frau Doris die derzeitige Situation seines Unternehmens.
V.l.n.r.: Reinhold Hoffmann, Hermann Meyering, Frank Henning,Stefan Altmeppen, Doris Meyering
Reinhold Hoffmann, mit den Baccumer SPD Freunden seit 30 Jahren Partner von Meyering, hat für die Sorgen des Betriebes mit seinen Beteiligungen an insgesamt weiteren 20 Betrieben in mehreren Bundesländern vollstes Verständnis. „Wir haben in 30 Jahren, so Hoffmann, mehr als 10.000 Teilnehmer bei unseren Reisen mit Meyering begrüßen können. Dabei haben wir immer die beste Unterstützung und Betreuung erfahren. Mit dieser Erfahrung gelte es die berechtigten Sorgen des familiengeführten Unternehmens ernst zu nehmen. In Fortsetzung diverser Gespräche mit Vertretern der niedersächsischen SPD-Landtagsfraktion kam es nun auf Einladung der Baccumer SPD Freunde zum Besuch des stellvertretenden SPD-Arbeitskreissprechers für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr im Niedersächsischen Landtag, Frank Henning (SPD), bei Meyering. An dem Gespräch in der Firmenzentrale von Meyering nahm auch Lingens 1. Stadtrat Stefan Altmeppen teil.
Das 1930 vom Großvater des heutigen Geschäftsführers Hermann Meyering gegründete Unternehmen organisierte seinerzeit eine Buslinie für Arbeiter zu den Webereien in Nordhorn. Der Aufstieg zum heutigen Touristikunternehmen begann nach dem zweiten Weltkrieg mit Wochenendtouren und Wallfahrten. Auch der öffentliche Personennahverkehr und die Schülerverkehre entwickelten sich insbesondere in dieser Zeit.
Heute betreibt Meyering mit mehr als 400 Mitarbeitern in seinen Beteiligungsunternehmen 150 Busse, von denen rund 50 im Linienverkehr in Lingen eingesetzt werden, u.a. auch auf den Strecken der LiLi-Bus-Linien. Erster Stadtrat Stefan Altmeppen wies im Gespräch noch mal darauf hin, dass die LiLi-Busse an Samstagen im Juli und August 2020 von den Fahrgästen kostenfrei genutzt werden können und damit eine verkehrliche Entlastung des Zentrums erreicht werden soll. Zusätzlich gibt es vergünstigte Einkaufsgutscheine.
Obwohl die Auslastung im Reiseverkehr weniger als 10 Prozent des normalen Volumens beträgt kann sich Meyering noch über die Runden retten. “Wir haben in früherer Zeit in Verantwortung für das Unternehmen Rücklagen gebildet, um auf Krisenzeiten vorbereitet zu sein, aber die sind auch irgendwann mal aufgebraucht“, so Doris Meyering! Nicht nur die auf den Betriebshöfen stehenden Busse machen Sorgen, denn das Touristikgeschäft insgesamt ist eingebrochen. „Aufgrund der Corona – Krise wurden alle geplanten Fahrten seit März storniert, die Kunden haben ihre Vorauszahlungen zurückerhalten“, berichtet das Unternehmerpaar.
In der jetzigen Phase sei es für ein mittelständiges Unternehmen aber schwierig, wieder wie früher ins Touristikgeschäft zurück zu kehren. „Das Auslandsgeschäft liegt noch brach und im Inland haben die großen Touristikunternehmen wie TUI (hat nach Auskunft von Meyering erhebliche Zuwendungen des Bundes erhalten) alle verfügbaren Hotelkontingente wie z.B. an der Ostsee aufgekauft. Derartige Entwicklungen machten der Reisebusbranche erhebliche Probleme. Mit spürbarer Bitterkeit berichtete Doris Meyering über ein Beispiel einer geplanten Reise nach Wien im August. Das Hotel für die Zwischenübernachtung hat jetzt Insolvenz angemeldet und auch das Lokal für den Heurigen Abend hat seine Pforten geschlossen. Dies ist nur ein Beispiel für zahlreiche Probleme mit denen wir auf organisatorischer Ebene gerade kämpfen“, fügt sie hinzu.
Hilfe erwarten Meyering‘ s wie auch andere Reisebusanbieter von der Politik und fordern bundeseinheitliche Regelungen. So seien beispielsweise in Nordrhein-Westfalen die Richtlinien für die Besetzung der Reisebusse weitergehend geöffnet worden. Busreisen sind hier mit einer sogenannten zehner Regelung (nach zehn Personen ist jeweils eine Reihe frei zu halten) wieder ohne Mund- Nasenschutz möglich.
Und was die Meyering‘ s besonders auf „die Palme gebracht hat“: Fernlinien-Busse waren zu keinem Zeitpunkt verboten und durften ohne größere Einschränkungen vollbesetzt durch die Republik fahren und wir mussten seit Mitte März unsere Flotte vollständig stilllegen. Doris Meyering brachte es auf den Punkt: so wie ein Schneemann in der Sonne schneller schmilzt, als sein Bau dauerte, ist es mit Corona; man braucht Jahrzehnte um ein Unternehmen aufzubauen und dann kommt Corona und in wenigen Monaten werden Unternehmen und Arbeitsplätze unverschuldet an den Rand der Existenz getrieben.
Frank Henning MdL verwies auf die bestehenden Regelungen und Kontakte zwischen Landesregierung und dem Verband der Busunternehmer. Zusätzlich zum Hilfepaket des Bundes (Hermann Meyering: Tropfen auf den heißen Stein) will Niedersachen die Unternehmen unterstützen. Dafür seien zunächst Mittel für den ÖPNV vorgesehen. Henning will sich aber auch für die privaten Anbieter stark machen, deren Sorgen und Nöte ihm bereits aus früheren Gesprächen bekannt sind.
Aktuell sieht die Fortführung der Corona-Soforthilfen des Bundes nur die Anerkennung bestimmter Betriebskosten vor, so der Landtagsabgeordnete, Abschreibungen und Tilgungen sind hier nicht mitinbegriffen. Frank Henning will sich daher beim Wirtschaftsministerium in Niedersachsen und auf Bundesebene dafür einsetzen, dass Abschreibungen und Tilgungen als Fixkosten anerkannt werden. Außerdem spricht sich Frank Henning dafür aus, dass Unternehmerinnen und Unternehmer, die mehrere Betriebe führen, pro Betrieb einen Antrag auf Soforthilfe stellen können und nicht nur einen einzigen für alle Betriebe zusammen. „Wer 20 Betriebe führt, sollte entsprechend auch 20 Anträge stellen können“, findet der SPD-Abgeordnete.
Des Weiteren setzt sich der SPD-Abgeordnete beim Bundesverkehrsministerium dafür ein, dass die vom Verkehrsministerium auf Bundesebene angekündigten 170 Millionen Euro unbürokratisch an die Busunternehmerinnen und Busunternehmer ausgezahlt werden und keine langwierigen, komplizierten Förderrichtlinien dazu erstellt werden. In Anlehnung an einen vom Bundesland Baden-Württemberg beschlossenen Rettungsschirm für Reisebusunternehmen in Höhe von 40 Millionen Euro wird Frank Henning außerdem Gespräche mit dem niedersächsischen Wirtschaftsministerium über ein Hilfsprogramm nach Baden-Württembergischen Vorbild führen.
Einer der kritischen Punkte: die umständlichen Antragsverfahren. Eine Vereinfachung müsse her um die Verfahren zu beschleunigen. Dafür seien einheitliche Regelungen auf Bundesebene erforderlich, aber – so Henning, „steter Tropfen höhlt den Stein“, denn die Busbranche und der Tourismus in Deutschland brauchen dringend Hilfe. Zu viele Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel!
„Erste zaghafte Versuche, Busreisen testweise wieder durchzuführen, sind vielversprechend verlaufen. Tagesfahrten nach Giethoorn und Helgoland, aber auch Mehrtagesfahrten nach Rügen oder Usedom waren mit 20-30 Teilnehmern gebucht und die Gäste sehr zufrieden. Wir hoffen, dass bald wieder mehr Reisegäste Zuversicht finden, uns ihr Vertrauen schenken und eine schöne Busreise bei uns buchen“, sagt Hermann Meyering mit einem Ausblick in die Zukunft. Wir sind gut vorbereitet und haben umfangreiche Hygiene- und Schutzmaßnahmen entwickelt, damit sich die Gäste bei uns sicher und gut aufgehoben fühlen.
Das ist so schade. Denn ich fahre schon Jahrelang bei Busrundreisen mit. Hoffentlich erholen sich die Busunternehmen alle wieder, denn ich möchte weiter an Busrundfahrten teilnehmen.