ver.di fordert: Kapazitätsmarkt statt Kraftwerksstilllegungen

In den letzten Wochen häuften sich die Nachrichten über Stilllegungen von Kohlekraftwerken, die bisher zum Grundlastbetrieb in der Stromversorgung mit beitragen. Gaskraftwerke - wie zum Beispiel die hochmodernen Blöcke in Lingen (mehr als 1700 Megawatt) sind schon seit einiger Zeit vom Netz und sollen sogar eingemottet werden, weil die Materialkosten (Gas) und Betriebskosten höher als die Erzeugungserträge sind. Daher die ver.di-Forderung nach einem Kapazitätsmarkt statt Stilllegungen.

Damit kein Mißverständnis aufkommt: wir Sozialdemokraten wollen die Energiewende. Wir wollen den Einsatz regenerativer Energien. Aber wir wollen auch keine Vernichtung von Arbeitsplätzen. Daher sind die von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gebriel geforderten Änderungen des EEG (Erneuerbare-Energie) -Gesetzes dringend notwendig.

Wir dürfen nicht zulassen, dass personalminimierte Windkraftanlagenbetreiber sich dank EEG "dumm und dusselig" verdienen und dabei außer Gewerbesteuern keine öffentliche Maßnahmen mittragen, während die personalstarken Versorger und Erzeuger mit ihren Konzessionsabgaben immer noch kommunale Haushalte unterstützen. Und ein weiterer Fakt ist, dass die Masse der Betreibergesellschaften regenerativer Anlagen weder Tarifverträge noch eine qualifizierte Mitbestimmung anwenden. Auch das kann nicht im Sinne sozialdemokratischer Grundprinzipien sein.

Doch wie dramatisch die Situation ist zeigt die nachfolgende Mitteilung des Bundesvorstandes der Gewerkschaft ver.di. Und damit auch hier kein falscher Eindruck entsteht – Andreas Scheidt war früher Betriebsratsvorsitzender bei den Stadtwerken Wuppertal (WSW), einem bekannterweise kommunal getragenen Versorgungsunternehmen mit Verkehrsbetrieben (Schwebebahn, Straßenbahn, Busse), deren Verluste durch die Energiesparte kompensiert werden.

Dagegen ist nicht bekannt, dass im Emsland ansässige Betreiber von Windkraftanlagen den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) mit ihren exorbitanten Gewinnen subventionieren.

Der Text der ver.di-Information

Anlässlich der neuesten Pläne des RWE-Konzerns zu weiteren Kraft-werksstilllegungen im Rhein-Ruhr-Gebiet fordert ver.di-Bundesvor-standsmitglied Andreas Scheidt Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel zum Nachsteuern bei der Energiewende auf.

„Weil sich bundesweit auch modernste und effizienteste Gas- und Kohlekraftwerke aufgrund der zunehmenden Einspeisung von Wind- und Solarstrom im bestehenden Strommarkt nicht mehr rechnen und deshalb stillgelegt zu werden drohen, muss zeitnah ein Kapazitätsmarkt etabliert werden, der die Bereitstellung von gesicherter Leistung angemessen honoriert“, betont der für Energie und Bergbau zuständige ver.di-Vorstand.

„Wenn Wind- und Photovoltaik-Anlagen zeitweilig nicht liefern können und nicht mehr genügend regelbare Ausgleichskraftwerke zur Verfü die Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen, die zusätzlich zu Strom auch noch Wärme an die Haushalte und Betriebe abgeben und deshalb diegung stehen, um die wetterbedingten Ausfälle auszugleichen, könnte es in Zukunft zu Engpässen in der Stromversorgung kommen“, so Scheidt weiter. Nur über einen derartigen Kapazitätsmarkt hätten zukünftig ausreichend moderne Gas- und Kohle-Ausgleichskraftwerke noch die Chance, schwarze Zahlen zu schreiben. Das gelte auch für  Brennstoffe besonders effizient nutzen.

„Es ist volkswirtschaftlicher Wahnsinn und unverantwortlich, wenn kurzfristig hochmoderne Kraftwerke eingemottet und die dort Beschäftigten in die Arbeitslosigkeit entlassen werden, obwohl klar ist, dass wir sie spätestens morgen wieder dringend benötigen“, erklärt der Gewerkschafter.

ver.di werde am 8. Oktober 2014 einen bundesweiten Aktionstag an zahlreichen Kraftwerksstandorten in ganz Deutschland durchführen. „Damit wollen die Beschäftigten in den Stadtwerken und Energiekon-zernen deutlich machen, dass nur mit einem Kapazitätsmarkt und zusätzlicher Förderung hocheffizienter Anlagen in Kraft-Wärme-Kopplung die Energiewende ohne Einschränkung für die Versorgungssicherheit konsequent weiter fortgeführt werden kann“, betont Andreas Scheidt.

Rudi Gaidosch